Der VfB-Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle hinter der Theke der Weinstube Fröhlich im Leonhardsviertel. Foto: /Dominik Türk

Sein Verein ist in der Champions League – und der VfB-Chef macht voller Freude Thekendienst. Alexander Wehrle ist neuerdings Teilhaber der Weinstube Fröhlich. Die kulturelle Tradition des Altstadtlokals lebt bei einem Benefizabend für Stelp auf.

Nach Theaterpremieren, nach Redaktionsschluss und dem Andruck der Zeitungen vom nächsten Tag, nach hitzigen Diskussionsrunden trafen sich Künstler, Journalisten und Intellektuelle liebend gern mitten im Stuttgarter Rotlichtviertel. Die 1963 eröffnete Weinstube Widmer, die zunächst benannt war nach der langjährigen Chefin, zog Kulturschaffende magisch an. Hier wurde man erst um 2 Uhr rausgeworfen – und konnte manchmal noch länger bleiben, wenn die Wirtin die Türe schloss.

Einer der Stammgäste hieß Hans Fröhlich. Er war Feuilletonchef der Stuttgarter Nachrichten und beschloss in den 1980ern, sein Lieblingslokal am besten gleich mal selbst zu übernehmen. Fröhlich kündigte bei seiner Zeitung und wurde zum Wirt der Weinstube, die den Namen von Widmer auf Fröhlich änderte. Auch über den Tod des Journalisten im Jahr 1996 hinaus blieb dieser einprägsame Name, der Programm ist.

Weinstube Wehrle heißt dieses Lokal mit dem „besten Zwiebelrostbraten in ganz Baden-Württemberg“, wie ihn der VfB-Vorstandsvorsitzende rühmt, noch nicht, auch wenn Alexander Wehrle Anfang des Jahres mit dem Moderator, Sportlermanager und Pro-Stuttgart-Vorsitzender Jens Zimmermann als Teilhaber in diesem traditionsreichen Restaurant eingestiegen ist. Die beiden überlassen das operative Geschäft weiterhin der langjährigen Betriebsleiterin Mancika Kohler-Kesinovic. Am ersten „fröhlichen Sonntag“, wie die neue Kulturreihe im Rotlichtviertel heißt, aber legen Wehrle und Zimmermann selbst Hand an.

Stelp-Gründer Serkan Eren ist direkt aus Burundi gekommen

Am Eingang steht der VfB-Chef, hakt die Gästeliste ab, bindet die weißen Vip-Bändel sehr sorgfältig um Handgelenke, auf dass keine Haare festkleben. Die etwa 80 Besucherinnen und Besucher (darunter Landtagspräsidentin Muhterem Aras) zahlen jeweils 61 Euro für Essen, Getränke und das Kulturprogramm mit Kabarettist Klaus Birk.

Der Erlös geht mit Hilfe von Sponsoren komplett an die Hilfsorganisation Stelp, dessen Gründer Serkan Eren (er kommt gerade aus Burundi, dem ärmsten Land der Welt) sich mit emotionalen Worten bedankt für die Unterstützung.

Pro VfB-Tor gibt’s einen Sliwowitz von Wehrle

Ein großes Glück hätten alle Gäste, sagt Eren, nämlich den Geburtsort. Alexander Wehrle findet es gut, dass erfolgreiche Menschen, die an diesem Abend reichlich vertreten sind, etwas zurückgeben wollten. Im Feuereifer der Begeisterung angesichts des großen Andrangs beim Kulturevent kündigt der Vorstandsvorsitzende und Neu-Gastronom an, künftig werde er bei jedem VfB-Tor einen Sliwowitz ausgeben – da der VfB gerade viele Tore schießt, könnte das ordentlich an die Bestände gehen.

Geschäftsführerin Mancika Kohler-Kesinovic lobt ihr Team, das am eigentlich geschlossenen Sonntag zur Mitarbeit gekommen ist. Jens Zimmermann verweist auf die kulturelle Tradition der Weinstube, die nun viermal im Jahr zum „fröhlichen Sonntag“ mit wechselnden Künstlern einladen will.

Kabarettist Klaus Birk hat den VfB-Schal umgehängt

Den Anfang macht der Kabarettist Klaus Birk, der sich auf eine Bierkiste stellt und eine wunderbare Tour de Länd startet, dazu hat er einen VfB-Schal umgehängt. Als VfB-Fan habe man über Jahre die „Freumuskulatur“ abgebaut – und nun diese Wahnsinnsreise bis zur Champions League! Wer international unterwegs ist wie er, stößt immer wieder auf Grüße aus der Heimat.

„Schön ist’s hier“, steht auf The-Länd-Aufklebern in vielen Ländern, „aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“ Klaus Birk verrät, dass er daheim einen Aufkleber auf einer Säule des Königsbaus am Stuttgarter Schlossplatz entdeckt habe. Aufschrift: „Scheiße hier – aber waren Sie schon mal in Bayern?“

Wer anderen hilft, hat Spaß daran

Schön ist’s jedenfalls mitten in der Altstadt in der Weinstube Fröhlich! Viel geändert hat sich seit den 60ern hier nicht. Die blank gescheuerten Holztische sind zum Teil 50 Jahre alt In einer Weinstube ist der Wein natürlich wichtig. Den hat der Rotenberger Jungwinzer Thomas Diehl für den Benefizabend gespendet und schenkt ihn auch selbst aus, unterstützt von Alexander Wehrle. SWR-3-Moderator Michael Spleth spielt beim ersten „fröhlichen Sonntag“ mit seiner Partnerin Jessica Panter zum Tanz auf. Wer anderen hilft, hat Spaß daran. Und fast ist’s an diesem Abend ein bisschen so, wie sich die Jungen die wilden Stuttgarter Kulturjahren von früher vorstellen. Darauf einen Sliwowitz!